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Wasserstoffeinfluss auf Metalle: Wasserstoffversprödung

Gasförmiger Wasserstoff: Prüfbedarf und Herausforderungen bei Lagerung und Transport.

Die Materialprüfung steht mit der fortschreitenden Entwicklung der Wasserstofftechnologien vor neuen Herausforderungen: Aufgrund des Einflusses von Wasserstoff (Wasserstoffversprödung) auf metallische Werkstoffe bei Transport und Lagerung, sind umfangreiche Materialuntersuchungen erforderlich. Um gasförmigen Wasserstoff zu transportieren kommen vor allem Pipelines und Tanks zum Einsatz. Eine zentrale Rolle in der Materialprüfung spielt hier die ASME B31.12 als führende Norm für Prüfungen an Wasserstoff führenden Rohren und Pipelines. 

  • Gasförmiger Wasserstoff wird vor dem Transport oder bei Lagerung in Wasserstofftanks bzw. Wasserstoffzylindern komprimiert (200 - 700 bar). Um optimale Sicherheit zu ermöglichen, muss bei einem solchen Druck die mechanische Stabilität des Materials gegen Wasserstoffversprödung gewährleistet sein. Um die Sicherheitsanforderungen bestmöglich zu erfüllen, ist es notwendig das verwendete Material zu charakterisieren.
  • Pipelines eignen sich für den Transport großer Mengen von Wasserstoff über große Distanzen. Eine effiziente Lösung für den Wasserstofftransport stellt – mit Anpassungen – die bereits bestehende Erdgaspipeline dar. Hier spielt die Materialcharakterisierung eine entscheidende Rolle bei der Erfüllung von Sicherheitsstandards, um die bestehende Infrastruktur sowohl für Erdgas als auch für Wasserstoff optimal zu verwenden. Zudem ist es möglich Wasserstoff mit Erdgas zu mischen. Bei der Entwicklung und Anpassung neuer Infrastrukturen ist es wichtig, die Festigkeit der verwendeten Bauteile und Komponenten hinsichtlich ihrer Eigenschaften auf Wasserstoffversprödung zu kennen.

Wasserstoffversprödung und Materialverhalten in einer Wasserstoffumgebung bei hohem Druck sind die Kernelemente hinsichtlich der Qualitätskontrolle und Entwicklung neuer Werkstoffe. 

genormte Verfahren  Prüflösungen Druckwasserstoffumgebung  Sicherheitsstandards Interessante Kundenprojekte

Was versteht man unter Wasserstoffversprödung?

Von Wasserstoffversprödung ist die Rede, wenn Wasserstoff in Metall eindringt. Dadurch verliert das Metall seine Duktilität (Dehnbarkeit, Verformbarkeit) und wird mit der Zeit spröde. Dies führt zum frühzeitigen Versagen unterhalb der Streckgrenze des Metalls oder der Auslegungsspannung der jeweiligen Bauteile. Sprich: das Material „ermüdet“ allmählich.

Je nach Quelle des Wasserstoffs unterscheidet man zwei Arten der Wasserstoffversprödung (HE):

  • Die interne Wasserstoffversprödung (IHE). Dabei dringt der Wasserstoff während des Herstellungsprozesses in das Material ein.
  • Die Wasserstoff-Umgebungsversprödung (HEE). Hierbei handelt es sich um einen Prozess, bei dem Wasserstoff aus der Umgebung aufgenommen wird und die Materialversprödung begünstigt. 

Prüfverfahren zur Beurteilung des Verhaltens von Metallen unter Wasserstoffeinfluss (Wasserstoffversprödung)

Zur Beurteilung des Verhaltens von Metallen unter Wasserstoffeinfluss kommen viele genormte Prüfverfahren zum Einsatz. Hierführ stehen ZwickRoell Prüflösungen zur Verfügung:

  • Die ASTM F519 beschreibt ein mechanisches Prüfverfahren unter Dauerbelastung zur Bewertung des Verhaltens hochfester metallischer Werkstoffe unter Wasserstoffeinfluss (Wasserstoffversprödung, Beschichtungverfahren)
  • Die ASTM F1624 beschreibt ein beschleunigtes Prüfverfahren zur Beurteilung der Anfälligkeit hochfester metallischer Werkstoffe auf ein durch Wasserstoffeinfluss zeitverzögertes Versagen.
  • Die ASTM E1681 beschreibt ein Verfahren welches den Widerstand eines vorgerissenen Metallrisswachstums unter bestimmten Umgebungsbedingungen und Belastungsbedingungen bestimmt. Dieses Prüfverfahren wird auch von der Norm ASME B31.12 im Rahmen der Rohrprüfung und Pipeline-Prüfung in einer Wasserstoffumgebung vorgegeben. 

Folgende Standardprüfungen werden unter anderem in einer Wasserstoffumgebung durchgeführt: 

  • Zugversuche: ASTM E8 Zugversuch Metall (auch ISO 6892-1)
  • Zeitstandversuche: ASTM E319 Richtlinien für die Durchführung von Standversuchen, Zeitstandfestigkeitsversuchen und Bruchbelastungsversuchen, ISO 204 Einachsiger Zeitstandversuch unter Zugbeanspruchung, ASTM E1457 Standardprüfverfahren zur Messung der Kriechrisswachstums
  • SSRT (Slow-Strain-Rate-Testing): ASTM G129, ASTM G142
  • Creep Fatigue / Creep Fatigue Crack Growth: ASTM E2714, ASTM E2760 
  • Bruchmechanik: ASTM E399 K1C kritischer Spannungsintensitätsfaktor, ASTM E1820, BS8571ASTM E647 Risswachstum
  • Low Cycle Fatigue / LCF: ASTM E606
  • High Cycle Fatigue / HCF (Dauerschwingversuch): DIN 50100, ASTM E466-15, ISO 1099
  • Härteprüfungen wie ISO 9015 Härteprüfung an lichtbogengeschweißten Verbindungen, ISO 22826 Härteprüfung schmaler, mit Laser und Elektronenstrahl geschweißten Verbindungen nach Vickers und Knoop, ISO 2639 Bestimmung und Überprüfung der Härtetiefe der Gastankwand
ASTM E1681
Unter dem KIH-Test nach ASTM E1681 versteht man die bruchmechanische Prüfung zur Ermittlung des Schwellenwert-Spannungsintensitätsfaktors (KIH) eines metallischen Werkstoffs in Wasserstoffumgebung.
zu ASTM E1681
ASTM F1624
Die Norm ASTM F1624 beschreibt ein beschleunigtes Prüfverfahren zur Bestimmung der Anfälligkeit hochfester metallischer Werkstoffe auf ein durch die Wasserstoffversprödung zeitverzögertes Versagen.
zu ASTM F1624
ASTM F519
Die ASTM F519 beschreibt ein mechanisches Prüfverfahren zur Untersuchung der Wasserstoffversprödung hochfester metallischer Werkstoffe.
zu ASTM F519

Prüfsysteme und Möglichkeiten zur Simulation einer Druckwasserstoffumgebung

ZwickRoell bietet Lösungen, um exakt zu bestimmen inwieweit Pipelines und Tanks anfällig sind für wasserstoffinduzierte Risse. Die Erkenntnisse und Ergebnisse aus Tests und Prüfungen fließen in der Folge in den auf Bruchmechanik basierenden Konstruktionsansatz für die Infrastruktur des Wasserstofftransports und der Wasserstoffspeicherung ein. Somit wird höchste Sicherheit der Strukturmaterialien gewährleistet. 

Für die Tests werden Zeitstandprüfmaschinen, statische Prüfmaschinen und servohydraulische Prüfsysteme bis zu 100 kN eingesetzt. Die Bandbreite an Tests umfasst Zugversuche, Ermüdungsversuche und bruchmechanische Untersuchungen, die bei Drücken bis zu 1000 bar in einer Wasserstoffumgebung mittels Wasserstoffautoklav (bis 400 bar; Sonderausführungen bis 1.000 bar) oder Hohlprobenadapter (Hohlprobentechnik; bis 200 bar) und bei Temperaturen von -85 °C bis +150 °C, durchgeführt werden.  

Vergleich Autoklaventechnik und Hohlprobenverfahren

  Autoklav Hohlprobe
Vorteile
  • Bewährte Methode
  • Prüfung mit genormten Prüfkörpern
  • Geringere Kosten
  • Kürzere Prüfdauer
Nachteile
  • Hohe Kosten
  • Lange Prüfzeiten, insbesondere bei hohen Drücken und niedrigen Temperaturen
  • Die Geometrie der Prüfkörper ist noch nicht genormt
  • Korrelation der Ergebnisse mit denen im Autoklaven muss ermittelt werden

 

Hohlproben-Prüfung unter Druckwasserstoff
bis 200 bar
zu Hohlproben-Prüfung unter Druckwasserstoff
Autoklaven - Prüfungen unter Druckwasserstoff
bis 400 bar; Sonderausführungen bis 1.000 bar
zu Autoklaven - Prüfungen unter Druckwasserstoff

Die Sicherheitstandards in der Übersicht

  • GB/T 26466: Stationäre bandgewickelte Flachstahlbehälter für die Speicherung von Hochdruckwasserstoff
  • GB/T 35544: Vollständig umwickelte kohlenstofffaserverstärkte Zylinder mit einem Aluminium-Liner für die Bordspeicherung von komprimiertem Wasserstoff als Kraftstoff für Landfahrzeuge
  • GB/T 34542: Speicher- und Transportsysteme für gasförmigen Wasserstoff - Teil 1: Allgemeine Anforderungen
  • EN 17533: Gasförmiger Wasserstoff - Flaschen und Rohre für die stationäre Speicherung
  • EN 17339: Ortsbewegliche Gasflaschen - Vollumhüllte Flaschen und Rohre aus Kohlenstoff-Verbundwerkstoff für Wasserstoff
  • ISO 19881: Gasförmiger Wasserstoff - Kraftstoffbehälter für Landfahrzeuge
  • CGA G-5.4-2019 Standard für Wasserstoff-Rohrleitungssysteme an Verbraucherstandorten 
  • CGA G-5.6-2005 Wasserstoff-Rohrleitungssysteme 
  • CGA G-5.8-2007 Hochdruck-Wasserstoff-Rohrleitungssysteme an Verbraucherstandorten
  • ASME B31.12- 2019 Wasserstoff-Rohrleitungen und -Leitungen
  • ASME STP-PT006-2017 Konstruktionsrichtlinien für Wasserstoff-Rohrleitungen und -Leitungen

Interessante Kundenprojekte

Prüfung unter Wasserstoffeinfluss
MPA Stuttgart prüft metallische Werkstoffe unter direktem Wasserstoffeinfluss.
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AIM Norway
Hersteller für Luftfahrt-Komponenten - Investition in Zeitstandprüfmaschinen vor allem für die Untersuchung von Wasserstoffversprödung nach ASTM F519 und ASTM F1624
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ROSEN Gruppe
Die ROSEN Gruppe ist spezialisiert auf die Forschung, Entwicklung, Herstellung sowie den Einsatz von Inspektionsgeräten für Pipelines und weiteren komplexen technischen Anlagen. Am Standort Lingen (Ems) errichtet das Unternehmen das erste eigene Wasserstoff-Prüflabor. Es ist Teil des neuen, rund 4000 m² großen Test-Center-Gebäudes auf dem Testgelände des Unternehmens.
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Weiterführende Informationen

Prüfungen unter kryogenen Temperaturen
Die kryogene Materialprüfung wird bei Tiefsttemperaturen unterhalb <120 K (-153 °C) durchgeführt. Die tiefen Temperaturen werden mit Temperierkammern, Tauchkryostaten oder Durchflusskryostaten erzeugt.
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Prüfung von Wasserstoff-Brennstoffzellen
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