VDA 238-100 Plättchen Biegeversuch
Die VDA 238-100 beschreibt die Durchführung eines Plättchen-Biegeversuchs an Proben aus metallischen Werkstoffen wie Aluminiumlegierungen und höchstfesten Stählen (Zugfestigkeit Rm ≥ 780 MPa).
Ziel & Einsatzbereich Probekörper Versuchdurchführung Prüfanforderungen 3-Punkt Biegevorrichtung
VDA 238-100 Ziel & Einsatzbereich
Der Plättchen-Biegeversuch nach VDA 238-100 dient der Ermittlung des Biegewinkels von Karosserieblechen mit dem Ziel, Rückschlüsse auf das Verformungsverhalten und die Anfälligkeit gegenüber Versagen von metallischen Werkstoffen bei Umformprozessen mit dominanten Biegeanteilen (z. B. Falzoperationen) oder bei Crashbelastung zu erhalten. Diese Prüfungen werden mit einer speziellen Vorrichtung im 3-Punkt-Biegeversuch durchgeführt.
VDA 238-100 Probekörper und Abmessungen
Die Qualität der Probenvorbereitung hat hohen Einfluss auf die Prüfung. Daher sieht die VDA 238-100 verschiedene Schritte für eine sorgfältige Probenvorbereitung vor. Die Oberfläche der Probe muss sauber sein, d.h. frei von Korrosionsschutzöl oder Ziehhilfsmitteln, und die Kanten sollten bei Bedarf entgratet, geschliffen oder auf andere Weise bearbeitet werden.
Die Probekörper für den Plättchen-Biegeversuch sind flache Metallplättchen mit einer Standardgröße von 60 mm × 60 mm. Werkstoffe mit hohem Umformvermögen (wie Karosserieaußenhautgüten) können anhand von 70mm breiten Blechstreifen, die 290mm oder 360mm lang sein können, 10% vorgedehnt werden.
VDA 238-100 Versuchsdurchführung
Die Proben werden symmetrisch auf den beiden Rollen positioniert. Nach dem Start der Prüfung wird die Biegefinne mit einer Prüfgeschwindigkeit von 10 mm/min bis zu einer Vorlast von 30 N bewegt. Danach wird die Prüfgeschwindigkeit auf 20 mm/min erhöht. Der Biegeprüfling wird in der Vorrichtung auf dem Drehlager so lange gebogen, bis eines der drei Abschaltkriterien erreicht ist:
- Kraftabfall:
Stahl = 60 N
Aluminium t ≤ 2,0 mm = 30 N
Aluminium t > 2,0 mm = 60 N - Abschaltung bei einem Traversenweg, der einen Biegewinkel nach dem erwarteten Kraftabfall von 30 N bzw. 60 N und vor dem Klemmen sicherstellt (Dieser Traversenweg ist in Vorversuchen zu ermitteln)
- Abschaltung bei signifikantem Kraftanstieg
Die VDA 238-100 beschreibt drei verschiedene Möglichkeiten zur Bestimmung des Biegewinkels:
- Manuell (αₘ) gemäß Anhang C: Der Biegewinkel α wird nach Entnahme der Probe aus der Biegevorrichtung manuell mit einem Winkelmesser gemessen. In diesem Fall wird nur die plastische Verformung gemessen.
- Berechnung (α꜀) gemäß Anhang D: Der Biegewinkel α꜀ wird auf der Grundlage der Traversenbewegung softwaregestützt berechnet, dabei umfasst der Biegewinkel die plastische und elastische Verformung.
- Optisch (αₒ) gemäß Anhang E: Der Biegewinkel αₒ wird mit Hilfe eines hochgenauen Kamerasystems während der Belastung des Probekörpers bestimmt. Dabei misst eine Kamera den Biegewinkel während des Versuchs direkt an der Probe. Bei dieser Prüfung wird die plastische und elastische Verformung gemessen.
Anforderungen an die Prüfung
Die VDA 238-100 beschreibt verschiedene Anforderungen an die Prüfapparatur.
Die Steifigkeit der Prüfvorrichtung ist maßgeblich für die Prüfergebnisse. Ist die Steifigkeit gering, nimmt die Verformung der Prüfvorrichtung Einfluss auf den ermittelten Biegewinkel, d.h. er fällt geringer aus, als er tatsächlich sein müsste. Für Biegewinkel von αsoll > 130° muss die Steifigkeit der Prüfvorrichtung nachgewiesen werden. Diese hohe Steifigkeit wird durch die ZwickRoell Prüfvorrichtung für Plättchen-Biegeversuche gewährleistet, denn die Gesamtaufweitung der Rollen beträgt weniger als 0,1 mm bei einer Stempelkraft von 3000 N.
Die Biegevorrichtung ist in der Zugprüfmaschine so zu positionieren, dass die Rollen parallel und mit einer Toleranz von ±0,05 mm unter dem Biegestempel zentriert sind. Das ZwickRoell Prüfgerät verfügt seitlich über zwei Längsbohrungen zur Ausrichtung und Befestigung mit Schrauben auf einem T-Nutentisch. Für Maschinen ohne T-Nutentisch ist ebenfalls eine passende Option möglich. Der Rollenabstand kann von Hand mit der Schraube an der Seite eingestellt und mit einem Druck von 300 bar mit der Ölpumpe neben der Maschine fixiert werden. Der Abstand zwischen den Rollen kann mit dem Messschieber (oder dem VideoXtens auf der Rückseite des Prüfgeräts) überprüft werden. Der Rollenabstand wird in der VDA 238-100 wie folgt definiert:
Stahl | 2 tm + 0,5 mm | |
Al-Legierungen | αsoll ≤ 130° | 2 tm |
αsoll > 130° | 2 tm + 0,5 mm für t ≤ 2,0 mm |
Die Proben müssen symmetrisch so auf die Rollen positioniert werden, dass die Kraft mit dem Biegestempel in der Mitte der Auflagedistanz aufgebracht werden kann. Der Biegestempel wird mit zwei verschiedenen Radien definiert. Je nach Material und Dicke a0 des Materials wird der Radius wie folgt gewählt:
Stahl (Rm ≥ 780MPa) | 0,4 mm | ||
Al Legierungen | 0,2 mm für t ≤ 2,0 mm | 0,4 mm für t > 2,0 mm |
Für die optische Messung des Biegewinkels α0 gemäß Anhang E ist es erforderlich, den Biegewinkel gleichzeitig mit der Kraft-Weg-Messung zu messen. Dafür ist eine Biegewinkelkamera zwingend erforderlich.
Plättchenbiegeversuch nach VDA 238-100 mit ZwickRoell
Um das Verformungsverhalten von metallischen Werkstoffen bei Umformprozessen mit dominanten Biegeanteilen oder bei Crashbelastung zu ermitteln, ist die 3-Punkt Biegevorrichtung von ZwickRoell, in Zusammenarbeit mit einem großen Automobilhersteller aus dem Süden Deutschlands, neu entwickelt worden. Als Beta Kunden testete das Unternehmen die 3-Punkt Biegevorrichtung und entwickelte diese mit ZwickRoell gemeinsam weiter. Das Highlight in der Weiterentwicklung bildete die Entwicklung eines Kamerasystems/ optischen Systems für die Ermittlung des Biegewinkels sowie ein Rissbild-Capturing. Eine sehr hohe Steifigkeit des Prüfwerkzeuges wurde ebenso erzielt, sodass die Vorgaben der VDA 238-100 vollumfänglich erfüllt werden.
Die ZwickRoell 3-Punkt-Biegevorrichtung für Plättchen-Biegeversuche bietet viele Vorteile:
- Durch den Einsatz einer optischen Rollenabstandsmessung wird der Bedienereinfluss auf ein Minimum reduziert. Die Messwertübertragung zu testXpert dokumentiert den Rollenabstand und sorgt für nachvollziehbare Prüfergebnisse.
- Die Biegeauflager-Rollen sind gelagert und oberflächengehärtet und für Probendicken bis 6 mm geeignet. Der Abstand ist stufenlos von 0 bis 15 mm verstellbar. Die Positionsfixierung erfolgt mittels manuell betätigter hydraulischer Klemmung.
- Der Zusammenhang zwischen Kraft, Biegewinkel und Rissbild ist zu jedem Zeitpunkt der Prüfung in testXpert abrufbar. Dadurch ist eine detailliertere Analyse des Materialversagens möglich. Umgesetzt wird dies durch die zeitsynchrone optische Aufzeichnung des Rissbildes, des Biegewinkels sowie die Erfassung der Kraft.
- Der Anbau von Probenhaltern und Prüfwerkzeugen erfolgt einfach durch Adapter, so dass kein Ausbau der Prüfvorrichtung erforderlich ist
- Die Biegevorrichtung ist mit zwei optischen Systemen versehen:
Mit der Risserkennungskamera kann der Rissvorgang direkt während der Prüfung oder nach der Prüfung mit der Videoaufnahmefunktion analysiert werden.
Der optische Längenänderungsaufnehmer videoXtens misst den Biegewinkel ohne Einfluss des Prüfers - plastische und elastisch-plastische Verformungen.
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